Farbe für den Film

Im kollektiven Gedächtnis sind die frühen Filme in Schwarz-Weiß gespeichert. Kein Wunder: Viele Filme werden heute ohne die ihnen zugedachten Farben gezeigt. Dabei sind schon in den Anfangstagen viele Filme bunt. Die in Schwarz-Weiß aufgenommenen Bilder wurden nachträglich mit Farbe versehen.

Handkoloriertes Frame aus Georges Méliès Le Voyage dans la Lune (1902)

Präzises Färben war aufwendige Handarbeit. Bei der Handkolorierung wurde die Farbe mit feinen Pinseln auf jedes einzelne Filmbild aufgetragen.

Georges Méliès‘ Produktionsfirma Star Film lagert die aufwendige Arbeit schon 1897 an eine Firma aus, die zu ihrer Hochzeit über 200 Kolorist:innen beschäftigt.

Farbfabriken

Die französische Filmgesellschaft Pathé stellt 1903 auf eine andere Technik um: Bei der Schablonenkolorierung helfen Konturen, die man mit einem Skalpell aus Filmkopien schneidet. Die Farben werden Schritt für Schritt auf den zu färbenden Filmstreifen aufgetragen. Obwohl es sich immer noch um einen manuellen Prozess handelt, erleichtern Schablonen die Arbeit ungemein.

Wie schon bei der Handkolorierung stellt Pathé für die Vorbereitung der Schablonen Frauen ein. 1906 beschäftigte die Firma über 100 Koloristinnen.

Monochrome Dramen

Noch einfacher und kostengünstiger ist die Viragierung, bei der ganze Szenen monochrom eingefärbt werden. Jede neue Farbe deutet dabei einen Zeit- oder Stimmungswechsel an.

In F. W. Murnaus Nosferatu – eine Symphonie des Grauens (D 1922) kennzeichnet zum Beispiel türkis die Nachtszenen, die Dämmerung ist rosa, Szenen bei Tag sind gelb gefärbt.

Mit der Farbe steht so – neben der Musik, die wir später noch genauer betrachten – ein weiteres Mittel zur Verfügung, über den bloßen Bildinhalt hinaus Orientierung zu schaffen und die Stimmung des Publikums zu lenken.

Filme färben mit KI

Will man heute Schwarz-Weiß-Filme nachträglich mit Farbe versehen, hilft dabei der Computer. Darauf trainierte Maschinen berechnen oft erstaunlich treffend die wahrscheinlichsten Farben einer Szene.

L’Arrivée d’un train en gare de La Ciotat (1896) mit Computerhilfe koloriert (Quelle: Deoldify videos
[DeOldified]/YouTube)

Weitere Bildquellen:
– Filmstill Le Voyage dans la Lune (1902): Georges Méliès/Wikimedia Commons
– 3 Filmstills: Le Voyage dans la Lune (1902): Georges Méliès/Wikimedia Commons
– Pathé-Farbwerk: Frédérick Arthur Ambrose/Wikimedia Commons
– 3 Filmstills Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1922): Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der Friedrich-Wilhlem-Murnau Stiftung, Wiesbaden